Seeger Hummel

Die "Seeger Hummel"

Man erzählt sich von den Seegern, daß sie einmal einen gar "schlechten Jahrgang" hatten, in dem es fast fortwährend regnete und kein Sommer kommen wollte. Schon war ihnen um ihre Ernte bange, und sie gewärtigten ein vollständiges Mißjahr. Da erfuhren sie von einem Handwerksburschen, der von Oberdorf heraufgekommen war, daß es dort und im Unterland schon längst Sommer und alles im schönsten Wachstum sei. Auf die frohe Kunde hin beschlossen sie, sie wollten sich von dorther den Sommer verschreiben lassen, und schickten zu diesem Zwecke ein altes, erfahrenes Männchen, das klug reden konnte, mit einem großen Buckelkrätten auf dem Rücken hinab nach Oberdorf. Er kam hier gut an und erhielt auch richtig von den Oberdorfern, die ihre Leute kannten, ein Schächtelchen; in dem sei, wie sie sagten, gut Wetter enthalten. Seelenvergnügt trat das Mannte wieder den Heimweg an; als es aber in der Nähe von Seeg auf eine Anhöhe kam, konnte es angesichts seiner Heimat die Freude und den Wundergern nicht mehr bezähmen und hob den Deckel vom Schächtelchen ab. Brr! Da flog ein Hummel heraus und der Richtung nach Oberdorf zu. Verdutzt und bestürzt sah das Männle das gute Wetter wieder zurückfliegen und rief daher in einem fort: He! gut Wetter daher! Seeg zu! Allein der Hummel kehrte sich nicht daran, und so hatte sich der Seeger den Sommer verscherzt, wenn er später nicht doch gekommen ist. Wenn man aber die Seeger aufziehen will, fängt man vom Hummel zu reden an.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 291, S. 300f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.