Keltischer Brandopferplatz
Im Frühjahr 1977 entdeckte Sigulf Guggenmos diesen Brandopferplatz im Forggensee, der aufgrund der Aufstauung nur von Anfang März bis Ende April zugänglich ist. Der Platz hat den
Flurnamen "Langwiesen". Er ist an einer leicht zugänglichen, vermutlich hochwasserfreien Stelle angelegt, von der aus man in der Antike über die Auwälder des Lechs hinweg auf die imposante
Gebirgskette schauen konnte.
Das Heiligtum besteht aus drei Altären. Der 1. ist ein Rollsteinhügel um den herum sich viele zerschlagene Tierknochen finden. Der 2. ist ein Steinplattenhügel mit vielen
kleinstückigen Tierknochen. Der 3. Altar diente offenbar der Opferung von Eisen, dessen Wert aufgrund der schwierigen Gewinnung viel höher war, als der heutige Wert. Der Opferplatz ist bewußt
gewählt, er wird von zwei Rinnsalen, die rotes (rostbraunes) Wasser führen und an Blut erinnern, eingerahmt.
An dem Opferplatz wurde Keramik (vorgeschichtlich und römisch), Hufeisen, Münzen, Küchengeräte aus Eisen, Nägel, Scheren, Lanzenspitzen, Schildbuckel, Rasiermesser, Fingerringe, Fußfesseln und
insbesondere die Knochenreste von über 400 Opfertieren (nahezu ausschließlich Rind, Ziege und Schaf) gefunden. Der Brandopferplatz war in der spätkeltischen Phase mindestens 250
Jahre lang in Benutzung. Die jüngsten Fundstücke lassen sich auf das Jahr 64 n. Chr. datieren. Vergleichbare Fundstücke traten sowohl in Manching (bei Ingolstadt) als auch bei Sanzeno in Südtirol
zutage, so dass man von einem großen einheitlichen Kulturraum ausgehen kann. Auffallende Ähnlichkeit gibt es auch zu einem Brandopferplatz am Döttenbichl bei Oberammergau.
Die Forschung geht davon aus, dass es sich um gemeinschaftliche Opferungen gehandelt hat, die mit kultischen Mahlzeiten verbunden waren. Unter den Opfergaben dominieren Speise-
und Trankopfer, die aber kaum durch Funde nachweisbar sind: Getreide, Brei, Brot, Kuchen Gebäck, Früchte, Blüten, Blumen, Blätter, Gräser, Wurzeln, Wein, Öl, Milch, Käse, Honig, Wachs, Felle,
Haare, Gewänder, Schuhe, Wolle, Weihrauch. Am Brandopferplatz im Forggensee sind Hülsenfrüchte (Erbse, Ackerbohne) und Getreide (Gerste) - vielleicht in Form eines Brotes - als Opfergaben
nachgewiesen. Der Aufwand, ein blutiges Tieropfer vorzubereiten, durchzuführen und wieder aufzuräumen, setzt eine Organisationstruktur, vielleicht sogar eine fest installierte Priesterschaft
voraus. Beim Brandopferplatz am Illasberg stand im Mittelpunkt des Kultgeschehens das Tieropfer: es wurde wohl vor dem mittleren Altar getötet und geschlachtet, vielleicht hat
man den Altar mit Blut übergossen. Möglicherweise wurden auch die Opfertiere enthäutet, wobei im Fell Kopf und Füße verblieben, die leere Hülle wurde mit Stroh ausgestopft, auf den Altar gestellt
und verbrannt, während das Fleisch gemeinschaftlich gegessen wurde. Pro Tieropfer benötigte man ca. 1,5 Ster Holz, wodurch man eine Verbrennungstemperatur von über 800 Grad C erreichte. Die
Verbrennung auf freiem Feld nahm sicher mehr als zwei Stunden in Anspruch. Als Brennholz wurde Buche, Esche, Fichte, Tanne und Hainbuche verwendet.
Die Metallfunde sind nur selten ins Feuer gelangt, sie wurden am 3. Altar offenbar deponiert (niedergelegt) Mehrmals wurde dabei festgestellt, dass zur Opferung die
Gebrauchbarkeit der Opfergaben bewut zerstört wurde um sie "der menschlichen Sphäre auf immer zu entziehen und dem Gebrauch durch die Götter zugänglich zu machen". Auch unvollständige Gegenstände
wurden geopfert. Das Zerstörte oder Unvollständige kann damit nicht mehr vom Gebenden zurückgenommen werden und es verhindert, dass jemand anderer sich das Opfergut zum Gebrauch aneignen kann.
(Hier sei ein Hinweis auf die Eismumie "Ötzi" erlaubt, die ebenfalls mit unfertigen Waffen aufgefunden wurde, was für eine rituelle Bestattung spricht)
Vermutet wird, dass die Brandopfersitte im Alpenraum entstanden ist. Zwar gibt es in Griechenland "Aschenaltäre" früher, also im 9. - 2. Jahrh. v. Chr. Die von dort bekannten Opferriten
unterscheiden sich aber in wesentlichen Punkten. Der Beginn der Brandopfersitte ist in der mittleren Bronzezeit festzulegen. Sie dauert nördlich der Alpen bis zur späten
Hallstattzeit, im alpinen Bereich dagegen bis in die späte Latenezeit/frühe römische Kaiserzeit.
Weitere Brandopferplätze kennt man aus Trentino, Seis in Südtirol, dem Grödnertal, St. Walburg in Südtirol, Liechtenstein, dem Unterengadin, Landeck im Inntal und dem Hellbrunner Berg bei
Salzburg.