Ewiger Jude
Der ewige Jude kam auch einmal durch Oberdorf und Hindelang und begab sich, als gerade der sonntägliche Gottesdienst war, auch in die Kirche. Dort lehnte er sich an einen Stuhl und hörte aufmerksam der Predigt zu, und so oft der Pfarrer den Namen Jesus aussprach, machte er eine tiefe Verneigung.
Er trug ein einfaches Röcklein, "graue zwillwise Hosen" und hatte eine schmächtige Gestalt und ein altes Aussehen. Er ging dann Reckenberg zu, wo er beim Küfer Übernacht blieb und die ganze Nacht um den Tisch herumlief, bis auf eine Stunde, während welcher er ruhen durfte.
Reiser
In den Sagen vom ewigen Juden ist meistens genau bezeichnet, wohin er geht. Oftmals zeigt dies eine alte Verbindung an. Möglicherweise lebt auch die Erinnerung an Druiden und Wanderprediger im Bild des "ewigen Juden" fort.
Ewiger Jude in Hinterstein
Der ewige Jude pflegte auf seiner Wanderschaft nur in hölzernen Häusern oder wenigstens in solchen, die mit Mörtel nur angeworfen waren, einzukehren. Stets hatte er nur einen Groschen bei sich; der ging ihm aber nie aus und erneute sich immer wieder, soviel er auch Geld ausgeben mochte. Auch nach Hinterstein ist er einmal gekommen und sogar da übernacht geblieben, wobei er, wie auch sonst überall, die ganze Nacht um den Tisch herumging. Er hatte hier eine lange dunkle Kutte an, fast wie ein Mönch, und eine alte, schmutzige Tasche umhängen. Als er wieder weiter wanderte, schlug er den Zipfelsteig ein, der zur Zipfelsalpe und dann nach Schattwald führt.
Karl Reiser
In dieser Version des ewigen Juden zeigt sich die Verbindung zu der alten Holzbauweise der einheimischen Bevölkerung. Das deutet darauf hin, dass mit "ewiger Jude" vieleicht ein Wanderlehrer der alten Religion gemeint ist, der nur bei bestimmten Leuten einkehrte. In den Sagen vom ewigen Juden ist immer genau vermerkt, wohin er weiter zieht. Dadurch werden traditionelle Verbindungswege oder Pilgerwege gekennzeichnet.
Angedeutet ist ferner ein Geldwechselzauber, der in Tiroler Sagen häufig vorkommt.