Goldsucher Ehenbichl

Der Goldsucher bei Ehenbichl.

In der Nähe des Dorfes Ehenbichl bei Reutte sah man ehedem an den Gehängen des Schloßberges und in der Au öfters kleinwinzige Männle, die kaum tischhoch waren und auf dem Kopfe einen großen Hut hatten, unter dem große Ohren sichtbar waren. Sie steckten in einem langen, talarähnlichen Rocke, der ihnen bis zu den Knöcheln hinabreichte, und wurden nicht selten von den Hirten am hellichten Tage beobachtet, wie sie herumwandelten und sich bald da, bald dort zu schaffen machten und suchten. Einmal kam ein solches Männchen zu dem Ehenbichler Geißhirten heran, als er seine Herde ausgetrieben hatte und sie gegen die oberen Abhänge des Berges wenden wollte. Es tat ganz freundlich mit ihm, frug nach allerlei und stellte sich, als ob es sich ihm anschließen und bei ihm bleiben wollte. Das kam aber dem Hirten nicht ganz geheuer vor, und in seiner Furcht und seinem Mißtrauen gebrauchte er eine Ausrede, er habe zu Hause etwas vergessen und müsse vorher noch schnell heim, und trieb nun die Geißen talabwärts. Auf solche Weise ward er nun des Männchens freilich los; aber wer weiß, ob er nicht dadurch selbst sein Glück verscherzte? Denn man hielt die seltsamen Männle insgemein für Goldsucher oder Venediger Männle, und die waren bekanntlich in allen Bergesschätzen gar wohl bewandert.

Reiser