Mange-Sessele

Mange-Sessele

Lage

An einem Weg zwischen Lechaschau und Pflach gelangt man über die Siedlung Hinterbichl (zur Gemeinde Wängle gehörend) zum "Mange-Sessele". Auf einer sitzartigen Einbuchtung im Felsen soll hier der Hl. Magnus auf seinen Missionsreisen gerastet haben.

nachfolgendes Bild mit freundlicher Genehmigung der Stadt Füssen aus "Magnus, Drache, Bär und Pilgerstab"

St. Mang und Dämonen
St. Mang und Dämonen

Das Mange-Sessele muss in Zusammenhang mit dem unmittelbar davor vorbeifließenden Lech gesehen werden. Auch die Bezeichnung "Frauenwald" für den angrenzenen Bergwald gibt Aufschluss darüber, dass es sich um einen Kultstein handelt, dessen Tradition bis in mutterrechtliche (matriachale) Zeit zurück geht.

Sitzstein - Gerichtsstein?

Es handelt sich um einen Sitzstein, der nur für ein sehr schmales Becken Platz bietet. Dies deutet darauf hin, dass in dem Stein entweder Mädchen (bei einem Ritual zur Frauwerdung?) oder eine alte Frau (Sippenälteste?) gesessen haben. Stellt man die Verbindung her zu dem, dass Lechaschau Gerichtsort war, so könnte es sich hier um ursprünglichen "Sitz" des Gerichts der ältesten Sippenfrau gehandelt haben, das einmal später auf das Kloster St. Mang in Füssen übergegangen ist

Gericht = richten = zurecht rücken

Die modernen Vorstellungen von "Gericht" stimmen nicht mit dem überein, was damit ursprünglich gemeint war. Die Menschen gingen davon aus, dass durch ein Vergehen oder einen Streit die Ordnung gestört worden ist. Dies hatte vor allem eine religiöse Dimension, da durch die Störung auch die Verbindung zum Göttlichen nicht fließen konnte. Das Anliegen des Gerichts war es, zu richten und zu heilen. Dies war ein umfassender Vorgang, der alle möglichen Gesichtspunkte mit einbezog und nicht auf die Einhaltung von einer Norm reduziert war. Das Richten war deswegen auch eine schamanische Tätigkeit, die im Zustand der Entrückung und Extase vollzogen wurde.

nicht Strafe, sondern Urteil als Heilung

Folglich war das Urteil als Heilung der vorherigen Störung einzigartig und nicht als Bestrafung eines Menschen gedacht. Das Urteil wurde oft im Angesicht eines Repräsentanten des Göttlichen gesprochen. Für das Mange-Sessele kommen hier der Lech oder die Bergpyramide des Thaneller in Frage. Die Verbindung zu den Ahnen als Ratgeber wurde durch das Hineinsitzen in einen Stein hergestellt. Denn durch den körperlichen Kontakt verband sich die Sippenälteste auch auf der spirituellen Ebene mit den Ahnen. In ganz Europa gelten meist Steine als der Wohnsitz der Ahnen.

Opfer

Das Opfer war eine bevorzugte Art, die gestörte göttliche Ordnung wieder herzustellen. Opfergaben waren ursprünglich oft Getreide, Öl, Kerzen, Brot. Auch blutige Opfer sind denkbar. Durch Unbrauchbarmachung wurde die Opfergabe dem menschlichen Gebrauch entzogen und damit dem Göttlichen geöffnet. In Bezug auf den Lech - als Vertreterin der Muttergöttin in der Landschaft - ist vorstellbar, dass die Opfergaben in den Lech geworfen wurden.

Wasser

Viele alte Gerichtsorte liegen am Wasser, hier dem Lech. So werden im Wasser Sünden und Verfehlungen abgewaschen. Und Urteile wurden durch das Hineinwerfen ins Wasser vollstreckt. Das spiegelt sich auch in vielen Heiligenlegenden.