St. Leonhard Kienzen
St. Leonhard Kienzen
Die Kapelle zum hl. Leonhard steht auf freiem Feld zwischen den Weilern Kienzen und Untergschwend und ist im 15. Jahrhundert erbaut.
Die Meinung, die Kapelle sei das erste Gotteshaus im Tannheimer Tal gewesen ist nicht abwegig. Denn der erste Weg im Tal führte direkt an ihr vorbei. St. Leonhard gilt zudem als Patron der Wagner und Schmiede. Die Kirche enthält eine Darstellung der Anna Selbdritt, die weibliche Ausprägung der Trinität.
An der Kirche wurden in der Pestzeit bestattet. Mindestens zwei drittel der Talbewohner starben an der Pest. Nach der Sage soll ein Totenvogel über den Friedhof geflogen sein und gerufen haben: "Esset meah Knoflach und Bibernell, nach stearbet'r it halb so schnell."
Der Sagenforscher Karl Reiser schreibt im Jahr 1895 über die Kirche:
St. Leonhard war auch die erste Pfarrkirche des Ortes, der vordem wie das ganze Tal nach Liebenstein bei Hindelang gehörte. Als das Kirchlein dann zu klein geworden, erbaute man die "Sankt Anna Gruft" und erst viel später die jetzige Pfarrkirche zu Sankt Nikolaus. Da hier zur Pestzeit der Friedhof zu klein geworden, begrub man die von der Seuche zahllos Dahingerafften bei Sankt Leonhard, und da sei es vorgekommen, dass die gegen Lohn fungierenden Totengräber aus Pfronten auch Scheintote begraben haben. Deshalb geisterte es früher auch in dem Kirchlein und konnte man allerlei Erscheinungen wahrnehmen. Manche sahen da einen Pudel zur Nachtzeit umgehen; andere bemerkten Lichtlein, die so schnell wie der Blitz hin und herfuhren, und wer in der Nähe nachts vorbei kam, wurde gern irregeführt. Als einmal ein Weib von Fricken auch des Weges kam, erblickte sie auf einmal einen enzlangen Mann mit kurzen Hosen und weißen Strümpfen vor sich, dass sie nicht schnell genug davon springen konnte. Auch ein Finanzer sah einmal diesen Mann ganz deutlich, und es kam sogar vor, dass Leute, die nicht ganz gut gesegnet waren, wenn sie von Tannheim hinunter gingen, von dem riesenhaften Mann erfasst und über das Wasser hinunter zum Kirchlein getragen wurden. So passierte es einmal einem Einnehmer, der in der Nähe am Weg Notdurft halber etwas verweilte, dass plötzlich der Mann vor ihm stand und ihn erfasste. Der Einnehmer erschrak fürchterlich und verlor die Besinnung; als er wieder zu sich kam lag er in der Kapelle unter den Betstühlen.
Es hieß früher immer, in dem Kirchlein sei ein Schatz verborgen, und darum hat man schon öfter gegraben und ihn zu heben gesucht. Die Grabenden wurden aber entweder hinausgeworfen oder es kam ein Pudel oder sonst etwas und vertrieb sie.
Mehrere Punkt der Überlieferung weisen auf einen alten Kultplatz hin (versunkener Schatz, Sonderfriedhof, Irrlichter, Erscheinungen) Der Heilige Leonhard hat als Attribut eine Kette - damit ist eventuell die Einfriedung eines heiligen Bezirks gemeint.